Frankfurter Rundschau, 6. Oktober 2004

>> Dämonisch

Fachhochschul-Theater zeigt "Mond über Soho - der Attentäter"

Der Dichter Said Abu Lebda führte mit einer freien Theatergruppe in der Fachhochschule Frankfurt das Stück "Mond über Soho - der Attentäter" auf. Motto: Mit Liebe ist das Töten zu verhindern.

VON GITTA DÜPERTHAL

Nordend · 6. Oktober · Angriffslustig knurren, fauchen, hecheln und schnauben sie in ihren blutroten Klamotten. Sie warten nur darauf, sich von ihren Ketten loszureißen. Nein, mit diesen Dämonen, auch wenn von reizenden jungen Damen verkörpert, hätte man wirklich lieber nichts zu tun. Doch sie reißen sich mit Macht von den guten Geistern in den weißen Unschuldsklamotten los, die sie an der Leine führen (diese Rollen sind übrigens mehrheitlich männlich besetzt). Und auf geht es - die Monster stürmen von der Bühne herunter in die Zuschauerreihen des Theaters der Fachhochschule Frankfurt.

Gut, dass wir im Laufe des Theaterstücks, von Said Abu Lebda inszeniert und geschrieben, erfahren, wie jene Dämonen zu bändigen sind. Auch gut, dass wir vorgeführt bekommen, wie dieser junge Mann zu stoppen ist, den wir per Video auf die Leinwand gebannt sehen und der auf dem Klo in aller Seelenruhe eine Bombe bastelt. Noch besser, dass wir vorgespielt bekommen, was diesen zynischen Journalisten bei Laune hält - obgleich er einer Soldatin im Interview keine schmutzigen Geschichten über den Krieg entlocken kann. Oder was diesen Möchtegernchef des Cafés "Mond über Soho" davon abbringen kann, eine der netten Kellnerinnen zu feuern - bloß, weil der Laden einmal nicht brummt. Nicht schwer zu erraten, es geht um das gute alte Spiel: die Liebe. Sechs Monate haben "Die Propagandisten" diese spannende Performance geprobt.
Warum sind wir bloß nicht von allein drauf gekommen: Hätte man den Selbstmordattentäter nicht ausgegrenzt im anderen Teil der Stadt, wäre er statt dessen vermutlich ein netter Ehemann geworden. Einer, der seiner Liebsten das Frühstück serviert.

Aber dann hätten wir dieses Theater nicht zu sehen bekommen. Und das wäre zu schade. Denn am Montagabend legte die Laiengruppe, die der Dichter Said Abu Lebda mit Aushängen an der Fachhochschule für Sozialarbeit ins Leben gerufen hatte, eine zauberhafte Uraufführung mit Videoinstallation, Musik, Gesang, Geräuschen und Texten auf die Bühne.

Verschiedene Nationalitäten

Der Regisseur und Erfinder dieser poetischen Geschichte hat in der Theatergruppe Menschen verschiedener Nationalitäten und Religionen zusammengebracht. Die Arbeit des Ensembles von 14 Theaterbegeisterten zwischen 20 und 45 Jahren mündet in eine Botschaft: Es geht um friedliches Zusammensein, die Erweiterung des eigenen Horizontes und darum, das Anderssein als bereichernd zu empfinden.

Said Abu Lebda, Mitglied des "Klubs für arabische Kultur", hatte nicht locker gelassen und seine Pläne im Amt für multikulturelle Angelegenheiten diskutiert. Dort habe er offene Türen eingerannt, sagt er. Mit dem renommierten Regisseur Willy Praml, der auch bisweilen mit Laiengruppen anspruchsvolles Theater umsetzt, habe er sein Projekt diskutiert. Es hat sich gelohnt.

Eine weitere Aufführung ist am heutigen Donnerstag, 7. Oktober, um 20 Uhr in der Fachhochschule Frankfurt, Gebäude 10, Kleiststraße 20.